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Zentrum für Extremitätenchirurgie München
Prof. Dr. Dr. med. R. Baumgart

Wachstumsprothese

Bösartige Knochentumore (Osteosarkom, Ewingsarkom) treten häufig im Wachstumsalter auf und erfordern ein interdisziplinäres Behandlungskonzept, wobei die Chemotherapie eine entscheidende Rolle spielt und die Prognose der Betroffenen entscheidend verbessert hat. Immer muss der Tumor aber auch chirurgisch vollständig im Gesunden entfernt werden. Während früher noch Amputationen oder entstellende Umkehrplastiken unvermeidbar waren, gibt es heute gerade bei Kindern und Jugendlichen im Wachstumsalter in vielen Fällen wesentlich bessere Alternativen. Da sich die Überlebensrate deutlich gebessert hat, ist es wichtig, sich frühzeitig mit der Rekonstruktion und den Folgen nach der Tumorentfernung auseinandersetzen, damit später alle Möglichkeiten offen sind.

Auf die Lokalisation des Tumors kommt es an

Wenn der Tumor in Schaftmitte lokalisiert ist, kann der resultierende Defekt gelenkerhaltend, vollständig biologisch wieder aufgebaut werden, ohne dass Fremdmaterialien dauerhaft eingesetzt werden müssen. Auch spätere Verlängerungen sind möglich, sodass in diesen eher günstigen Fällen nahezu wieder ein Normalzustand die Perspektive ist. Aber auch wenn der Tumor, was häufig der Fall ist, gelenknah gelegen ist und das eigene Gelenk sowie die Wachstumsfuge nicht erhalten werden können, bedeutet das nicht, dass Beinlängendifferenzen dauerhaft in Kauf genommen werden müssen. Die „biologische“ Wachstumsprothese (BioXpand) ersetzt das eigene Gelenk und kann den verbliebenen Restknochen mit Kallusdistraktion nach Abschluss des Längenwachstums verlängern, was hervorragende Langzeitergebnisse erwarten lässt. Wichtig ist deshalb, dass von Anfang an das richtige Rekonstruktionsverfahren gewählt wird. Eine frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem ZEM-Germany ist daher besonders wichtig, damit später alle Optionen offen stehen. Das ZEM-Germany kooperiert auch mit großen Tumorzentren im In- und Ausland, sodass die Primärbehandlung auf Wunsch auch dort weiter geführt und ggf. nur die spätere Rekonstruktion dann optimal in unserem Zentrum erfolgen kann.

Osteosarkom distaler Femur

Osteosarkom distaler Femur

Über die Operation muss frühzeitig gesprochen werden

Unter der Belastung der niederschmetternden Diagnose und der belastenden Chemotherapie bleibt leider kaum Zeit über die Operation und deren Folgen nachzudenken. Dennoch gilt es die richtige Entscheidung zu treffen, denn nach der Tumorentfernung verbleibt ein Defekt, sodass der Knochen, wenn immer möglich biologisch wieder hergestellt werden sollte. Je nach Vorgehensweise sind nach der Erstoperationen beide Beine zunächst noch gleich lang, allerdings stellt sich durch das Wachstum der Gegenseite eine Beinlängendifferenz ein, die davon abhängt, ob eine Wachstumsfuge entfernt werden musste und wie alt das betroffene Kind zum Zeitpunkt der Operation ist. Die richtige Weichenstellung ist entscheidend.

Wachstumsprothesen, die bessere Alternative zur Umkehrplastik

Die patentierte Xpand–Wachstumsprothese ist eine Tumorendoprothese in deren Inneren sich der Antrieb eines FITBONE-Distraktionsmarknagels befindet. Nach Entfernung eines Osteosarkoms oder Ewingsarkoms kann bei Kindern mit dieser Prothesen eine Beinlängendifferenz infolge des Längenwachstums der Gegenseite durch eine Verlängerung des Prothesenkörpers ausgeglichen werden. Die Zielgruppe dieser Prothesen liegt bei Adoleszenten etwa ab dem 12. Lebensjahr, bei denen eine Beinlängendifferenz von 3 bis 4 cm zu erwarten ist. Bei jüngeren Patienten, bei denen sich eine erheblich größere Beinlängendifferenz ausbilden kann, ist eine BioXpand-Wachstumsprothese wesentlich vorteilhafter. Mit diesen im ZEM-Germany entwickelten innovativen Wachstumsprothesen, kann neuer Knochen erzeugt werden, da nicht der Prothesenkörper, sondern der verbliebene Knochen verlängert wird.

BioXpand Femur

BioXpand Femur

Die BioXpand ist das Ergebnis jahrelanger Erfahrung

Die BioXpand wurde im Jahr 2006 patentiert und erstmals 2007 weltweit am ZEM-Germany klinisch eingesetzt. Bereits die ersten Fälle zeigten nicht vorstellbare Erfolge, sodass das System ständig weiter entwickelt wurde. Das Grundprinzip der BioXpand, das nicht mehr die Prothese, sondern der verbliebene Knochen wachsen kann, ist bei allen Varianten umgesetzt. Hierzu wird die Prothese zunächst mit einem polierten Schaft, der nicht im Knochen festwächst, verankert, da zunächst beide Beine noch gleich lang sind. Weiterer Handlungsbedarf entsteht erst, wenn die Beinlängendifferenz aufgrund des Wachstums der Gegenseite etwa 3–4 cm erreicht hat. Bei der BioXpand I ist zum Wechsel von dem initialen, polierten Schaft auf einen FITBONE-Distraktionsmarknagel und zu jedem weiteren Wechsel z. B. auch auf den definitiv verbleibenden, einwachsenden Schaft nach Wachstumsabschluss eine Freilegung oder gar ein Wechsel der Prothese, und damit ein „großer“ operativer Zugang, erforderlich. Das damit verbundene Infektionsrisiko konnte am Oberschenkel drastisch mit der Einführung der BioXpand II reduziert werden. Unter Beibehaltung aller Vorteile benötigt die BioXpand II nur noch einen minimalen operativen Zugang, da alle Wechselvorgänge von der Prothese gegenüberliegenden Seite des Knochens über einen kleinen Hautschnitt (max. 3 cm) erfolgen und die Prothese selbst nahezu unangetastet bleibt. Dieser Vorteil konnte zunächst nur für den Oberschenkel umgesetzt werden. Inzwischen existieren aber am ZEM-Germany bereits Pläne und erste Prototypen, wie alle Folgeoperationen, also auch die Wechsel am Unterschenkel durchführbar sind (BioXpand III), ohne dass erneute große operative Zugänge im Bereich der Prothese notwendig werden.

Die Behandlung läuft in mehreren Schritten ab

Verkürztes Bein nach Tumorentfernung

Verkürztes Bein nach Tumorentfernung

Ober- und Unterschenkelverlängerung mit BioXpand II

Ober- und Unterschenkelverlängerung mit BioXpand II

Nicht die Prothese sondern der Knochen wurde verlängert

Nicht die Prothese sondern der Knochen wurde verlängert

Gleichlange Beine trotz Entfernung der Wachstumsfuge

Gleichlange Beine trotz Entfernung der Wachstumsfuge

Bei malignen Knochentumoren steht bei der Erstoperation nach wie vor die vollständige Entfernung des Knochentumors und der umgebenden Weichteile im Vordergrund, da hiervon das Überleben des Patienten abhängt. Wenn die Entscheidung zu einer BioXpand getroffen wurde, sollte bei der Primäroperation immer eine Interimsprothese mit „glatten, polierten“ Schäften eingesetzt werden, die zunächst ein Optimum an Stabilität gewährleistet und später alle Möglichkeiten offen hält. Auch gilt es zu bedenken, dass die Kinder zu diesem Zeitpunkt durch die Chemotherapie geschwächt sind und letztendlich die Prognose noch nicht klar ist. Die BioXpand ist grundsätzlich für alle häufigen Lokalisation von bösartigen Knochentumoren an den unteren Extremitäten, also für das proximale und das distale Femur und die proximale Tibia verfügbar. Mit der BioXpand II können alle Folgeoperationen zur Verlängerung am Femur in minimal invasiver Technik über kleine Schnitte durchgeführt werden. In Zukunft wird die patentierte BioXpand III dies sowohl am Femur als auch an der Tibia ermöglichen, sodass nur noch einmal, bei der Tumorresektion, ein großer operativer Zugang erforderlich ist, eine Perspektive, die bis vor Kurzen noch undenkbar schien.

Auch später ist die BioXpand noch eine Option

Grundsätzlich ist der Wechsel auf eine BioXpand immer möglich, wenn sich daraus eine sinnvolle Verbesserung der Behandlungsoptionen für das betroffene Kind ergibt. Wenn ein polierter Schaft eingesetzt worden ist, ist ein Wechsel relativ unproblematisch. Wenn die primäre Prothese allerdings mit beschichteten Schäften eingebracht wurde, die fest in den Knochen eingewachsen ist, muss die Indikation zu einem Wechsel kritisch geprüft werden, da eine Entfernung dieser Schäfte nur extrem invasiv und aufwendig möglich ist. Umso wichtiger ist es, dass von vorneherein ein Konzept gewählt wird, das eine spätere Behandlung nicht erschwert oder gar unmöglich macht. Deshalb sollten Sie sich im ZEM-Germany auch dann beraten lassen, wenn die Tumoroperation in einer anderen Klinik durchgeführt werden soll.

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